Die Viktorianer und die Geister

Die Viktorianer und die Geister

Im Verlauf des neunzehnten Jahrhunderts entsteht in Großbritannien eine Einteilung der Geister in verschiedene Gruppen auf der Grundlage des seinerzeitigen wissenschaftlichen Kenntnisstandes (also eine Taxonomie). Roger Clarke fasst in seinem Buch A Natural History of Ghosts (2013) die Klassifizierung von Peter Underwood aus dessen Gazetteer of British Ghosts (1971) zusammen, die wiederum auf zeitgenössischen Vorläufern beruht, z. B. Elliot O’Donnell (1872–1965), dem wir auch die Prägung des Begriffs „Geisterjäger“ verdanken, oder die beiden viktorianischen Geisterjägerinnen Catherine Crow (1790–1872; ihr 1848 veröffentlichtes Buch The Night Side of Nature ist eines der Standardwerke zum Thema in ihrer Zeit) und Eleanor Sidgwick (1845–1936), die Schwester des späteren britischen Premierministers Arthur Balfour und eine der ersten Vorsitzenden der 1882 gegründeten Society für Psychical Research in London. Sie alle bauen auf den Erkenntnissen des gleichsam ersten britischen Geisterjägers auf, dem Puritaner Joseph Glanvill (1636–1680), der Geister als den Beweis der Existenz Gottes ansieht, der sie aus der Hölle freigelassen und damit seine Macht bewiesen habe.

Die Taxonomie weist nachstehende Großgruppen auf:

• Elementare
• Poltergeister
• Traditionelle oder historische Geister
• Manifestationen mentaler Eindrücke
• Erscheinungen nach Krisen oder Todesfällen
• Zeitversetzte
• Geister der Lebenden
• Spukende unbelebte Gegenstände

Nicht alle Phänomene, welche die Viktorianer als Geister ansahen, sind auch nach unseren Regeln Geister. Im Folgenden sehen wir uns die einzelnen Gruppen an und verorten sie im Rahmen unseres Regelwerkes:

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Elementare

Der Begriff „elementar“ ist hier im Sinne von „einfach“ zu verstehen, Erscheinungen, die an Bestattungsorte gebunden sind, sich nicht bewegen und auch nicht mit den Lebenden interagieren können – sieht man davon ab, dass man ihnen nicht in die Augen sehen sollte, da man sonst verrückt würde. Eine Untergruppe davon sind wandelnde Tote, wie sie durch schwarzmagische Praktiken geschaffen werden. Clarke verweist darauf, dass ein amerikanischer Geisterjäger hier eher von „Dämonen“ reden würde.
In unseren Regeln wären dies in erster Linie Erscheinungen bzw. schwache Wandelnde Tote, vornehmlich solche, in die ein Dämon des 5. Zirkels beschworen wurde.

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Poltergeister

Mit diesem Begriff werden Personen beschrieben, die nach ihrem Tod finstere oder zerstörerische Energien um sich bündeln; man findet sie häufig auf Landsitzen sozial höhergestellter Familien. Nicht alle Autoren sind sich darüber einig, ob ein Poltergeist lebt oder nicht, wobei die Mehrheit der Ansicht ist, er sei ein „echter“ Geist.
Wir schließen uns der Meinung an, dass ein Poltergeist ein „echter“ Geist ist, und benutzen dafür den Ausdruck Spuk.

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Traditionelle oder historische Geister

Dies ist der klassische Fall des Nachhalls der Seele eines Verstorbenen im Leben, der in der Lage ist, mit diesen zu interagieren.
In unseren Regeln decken wir diese Gruppe mit den Todlosen ab.

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Manifestationen mentaler Eindrücke

Bei diesem Phänomen wird ein Ort mit geistiger Energie geflutet, die sich in Form einer bestimmten Szene oder auch nur einer bestimmten Handlung manifestiert, die immer und immer wiederholt wird und häufig zu einem bestimmten Zeitpunkt auftritt. Diese Manifestationen folgenden einem festen „Programm“ und können nicht mit den Lebenden interagieren, nehmen sie noch nicht einmal wahr.
Diese Beschreibung trifft genau auf unsere Erscheinungen zu.

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Erscheinungen nach Krisen oder Todesfällen

Man sieht Personen wieder, die vor einiger Zeit gestorben sind, hauptsächlich in Kämpfen, Kriegen oder anderen Fällen von Gewalt. Oft besteht eine persönliche Beziehung zum Verstorbenen, aber nicht immer. Die Kommunikation mit den Lebenden ist möglich, aber beschränkt. Oft möchte der Verstorbene dem Lebenden etwas mitteilen. Manchmal geht es aber auch einfach nur darum, dem Lebenden mitzuteilen, dass man gerade verstorben ist.
Dieser Gruppe kommen unsere Gespenster am nächsten. In manchen Fällen, bei denen man den gerade Verstorbenen nur kurz sieht, gleichsam als Anzeige des Todes, ist der Übergang zur Erscheinung allerdings fließend.

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Zeitversetzte

Hierunter versteht man Personen, die ganz erkennbar nicht aus der Zeit stammen, in der sie beobachtet werden. Man erkennt dies an Kleidung, Sprache oder Verhalten.
In unseren Regeln handelt es sich bei solchen Fällen nicht um Geister, sondern im tatsächlich in der Zeit versetzte Menschen. Dies könnte durch eine tatsächliche körperliche Zeitreise geschehen (was jenseits des Rahmens der vorliegenden Regeln liegt) oder dem Wirken eines Zeiters geschuldet sein.

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Geister der Lebenden

Hierbei taucht ein lebender Mensch an einem Ort auf, an dem er eigentlich gar nicht sein könnte oder dürfte.
In unserem Regelrahmen können solche Erscheinungen die Nebenwirkung bestimmter Zauber sein, insbesondere Astralreise.

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Spukende unbelebte Gegenstände

Ein bestimmter Gegenstand ist von einem Geist besessen, der diesen nach Belieben bewegen kann.
Dies entspricht in unseren Regeln den besessenen Gegenständen, wobei in solchen bei uns natürlich kein Geist steckt, sondern ein Dämon. Auswirkung und Beschreibung sind aber identisch.