Gerd Hupperich: MIDGARD-Autor
Gerd Hupperich: 1969 auf diese Welt gekommen, im bürgerlichen Leben Bibliothekar.
Bevor ich meine Geburt auf Midgard erlebte, trat mir 1983 das Rollenspiel in Gestalt zweier Soloabenteuer entgegen: “Der Hexenmeister vom Flammenden Berg” und “Die Zitadelle des Zauberers”. Diesen neuartigen Entdeckungen folgte 1984 die Erstausgabe von Das Schwarze Auge, das auf den ersten Blick ganz ähnlich zu sein schien und sich doch als viel aufregender entpuppte. Diesem Spiel blieb ich zwar nur bis zu Die sieben magischen Kelche treu (das einzige DSA-Abenteuer dieser Tage, das ich noch besitze), aber dennoch geschah damals die wichtigste Festlegung von Anfang an: Spielleiter sein zu wollen und nichts anderes. Wenig später wendete ich mich D&D zu, vermutlich angelockt von dem Nimbus, daß ich hiermit das Ur-Rollenspiel in den Händen hielt. Auch dieser Zeitabschnitt dauerte nicht lange an, aber wie als Vorbote späterer Ereignisse schrieb ich ein paar Abenteuer, die dem Vorbild nacheiferten – bis hin zum sorgsam imitierten D&D-Logo. Auch der Inhalt war eher “dungeon” und in einem Fall sogar “dragon”. Obwohl diese Früchte eines Schulbuben nicht der Rede wert sind, enthüllen sie mir heute zwei Merkmale, für die ich auch als MIDGARD-Autor wohl nicht gänzlich unbekannt bin: Die Weisung nach Westen läßt meinen Hang zu verschleiernden Titeln ahnen, und Rätsel des alten Volks offenbart einen gewissen Naturalismus, der in einer den Umständen Rechnung tragenden fast leeren Pyramide resultierte – was mir prompt den Vorwurf der Langweiligkeit eintrug. Da half es auch nicht mehr viel, dass unter der Pyramide der besagte Drache lauerte.
Das Fabulieren lernte ich erst bei Middle-earth, denn ich litt sehr unter dem Übergeist Tolkiens, der jeden Spielleiterversuch in seiner Welt wie von vornherein zum Schiffbruch zu verurteilen schien. Dieser Tatsache verdanke ich es wohl, dass ich mir meine eigenen Vorstellungen über das Vierte Zeitalter machte und mich unbekümmert ins Improvisieren warf. Jetzt wusste ich, wie schön das Spielleiten sein kann. Von diesem Rollenspiel ist der Schritt zu Rolemaster nicht weit, was vorläufig bis zum Abitur der Höhepunkt der Rollenspielerei blieb. MIDGARD war mir zwar bis dahin nicht mehr unbekannt, aber dieses Spiel zündete irgendwie nicht. Es musste erst eine Besinnungspause eintreten, bis ich dann mit Beginn des Studiums dieser Variante eine zweite Chance gab, die sich bis heute erfüllt hat. Ende 1989 begann ich auch, “ernsthaft” Abenteuer zu schreiben – ich fühlte mich jetzt einfach reif dafür. Als braver Mensch rief ich vorher Elsa Franke an (die Telefonnummer stand in einer Spielwelt-Ausgabe), um mich ordentlich vorzustellen. Ihre Anforderung war ungefähr diese, dass mein Abenteuer z.B. nicht in einem Massaker unter einer Schiffsbesatzung bestehen sollte. Dies zu erfüllen, fiel mir nicht gerade schwer, und so entstand als mein Erstling Der Geflügelte Ring. Warum nun gerade für MIDGARD schreiben? Ich denke, dieses Spiel vertritt eine Geschmacksrichtung, der ich von Anfang an sehr nahestand – unheldisch, abgerundet, bodenverbunden. Es war einfach natürlich für mich.
Als Autor habe mich fast ausschließlich nur mit Abenteuern beschäftigt, die für mich der Endzweck des ganzen Aufwands an Regel- und Quellenbüchern sind. Das wird sicher auch weiterhin so sein, denn ich liebe es nach wie vor, Spieler zu überraschen, gruseln zu machen oder auch ab und zu hinters Licht zu führen – frei nach dem Motto “Fangt mich, wenn ihr könnt”.