“Vom Norden her kamen im Jahre 1860 Schüler des Ordens der Senussi und während sie zuerst als bescheidene Lehrer auftraten und sich hinter die Frauen und Kinder steckten, sehen wir sie jetzt in Farafrah im Besitze eines schönen Gebäudes, des besten in ganz Farafrah, und der besten und schönsten Palmengärten.”
(aus Drei Monate in der libyschen Wüste von Gerhard Rohlfs)
In Sturm über Ägypten haben wir auf Seite 169 bei der Beschreibung der Oase Farafra die an sich an Libyen stammenden Senussi erwähnt. Wir zitieren mal:
“Hierbei handelt es sich um einen politisch-religiösen Orden, der 1837 von Sayyid Muhammad ibn Ali es-Senussi, dem Großen Senussi, gegründet wurde. Die Senussi sind Fanatiker, deren Sorge dem Verfall des Islams sowie der sich abzeichnenden Schwächung der politischen Integrität der Muslime gilt. Die Senussi schotten sich streng gegenüber Europäern und anderen Außenseitern ab, so dass um 1880 über ihre Ziele, Pläne und Ansichten sehr widersprüchliche Vorstellungen im Umlauf sind. Sie stehen Europäern, die in ihre Gebiete eindringen wollen, sehr ablehnend gegenüber und plädieren für Isolation.”
In seinem Expeditionsbericht Drei Monate in der libyschen Wüste (1875) weiß Gerhard Rohlfs in einer Fußnote auf Seite 78 folgendes über die Senussi zu sagen:
“Die Senussi sind eine neue Sekte unter den Mohammedanern; gestiftet in den vierziger Jahren von Mohammed Senussi aus Algerien. Obwohl sie sich selbst zur malekitischen Form bekennen, haben sie doch in der äusserlichen Ausübung ihrer Religionsverrichtung manches abweichende, so dass sie von vielen für Choms d.i. für solche angesehen werden, die außerhalb den vier allein geltenden orthodoxen Bekenntnisen stehen. Der Stifter ist bereits verstorben, nach ihm folgte als General des Ordens sein Sohn Mohammed al Madhi. Das Hauptkloster ist in Sarabub, 2 Tagesreisen westlich von Sinah.”
Die Malikiten sind eines der vier anerkannten Glaubenbekenntnisse des sunnitischen Islam.
Die Senussi bleiben in der gesamten libyschen Wüste bis Februar 1917 im Bündnis mit den Deutschen bzw. Osmanen ein Unruhefaktor, der sich bis nach Kharga erstreckt; als die Briten im Ersten Weltkrieg ihre Senussi-Kampagne durchführen, ziehen sich die Angehörigen des Ordens zurück.
Der Einfluss der Senussi kann sich auch bereits während Sturm über Ägypten spüren lassen. Als Anreiz hierzu bieten wir ein Bild eines spätrömischen/frühchristlichen Grabes in Ezbat el-Baschandi im Nordosten von Dakhla, das später als Grab des namensgebenden Scheichs des Dorfes und im Ersten Weltkrieg von den Senussi als Versteck genutzt wurde; dies könnte ebenso gut schon 1882 der Fall gewesen sein.
Das quadratische Grab mit der Seitenlänge von etwa 7,50 Metern, ursprünglich aus Sandsteinblöcken errichtet, wurde später um den Oberbau und die Kuppel aus Lehmziegeln ergänzt, um dem Scheich ein würdigeres Grab zu geben. Einziger Schmuck sind die in den Sandsteinblocken angedeuteten Pilaster und die Festeröffnungen im Oberbau. Der Eingang befindet sich an der Nordseite. Der Innenraum besitzt eine flache Kuppel, die aber nicht identisch mit der von außen sichtbaren Kuppel ist. Auch dringt kein Licht durch die Fensteröffnungen in den Grabraum. An der Südseite des Grabs befindet sich die Gebetsnische und an ihren beiden Seiten jeweils eine weitere kleine Nische. An den Wänden verläuft ein heute schwer zu erkennendes Band in roter Farbe. Auch der Oberteil der Seitennischen wurde dekoriert. An einigen Stellen befinden sich zudem arabische Inschriften, ebenfalls in roter Farbe. Der Kenotaph, das oberirdische Scheingrab, befindet sich an der linken Eingangswand.
Das Grab hat eine weitere Besonderheit: Stellt man sich in eine der Ecken und flüstert in Richtung der Wand, kann jemand, der in einer gegenüberliegenden Ecke steht, aus einer ähnlichen Öffnung genau hören, was gesagt wurde (und entsprechend antworten), ohne dass es eine andere Person im Raum mitbekommt.
Schauen wir uns die untenstehende Stanford-Karte von Dakhla und Kharga von 1907 an, finden wir zwar Ezbat al-Baschindi nicht, aber wir können es einordnen: Es liegt etwa fünf Kilometer südsüdöstlich von Ballat und sechs Kilometer nordwestlich von Tineda.
Diese moderne Karte von Dakhla und Umgebung zeigt in die Lage von Baschindi etwas genauer (Al-Qasr ist El Kasr aus der obigen Karte, in Sturm über Ägypten auf Seite 170 als Qasr Dakhla aufgeführt; Rohlfs benutzt die Bezeichnung Gassr):