„Ich war so dankbar, dass Lord Godalming so reich ist, und dass sowohl er als auch Mr. Morris, der ebenfalls über viel Geld verfügt, dies so freizügig zur Verfügung stellen.“
(Mina Harker in Dracula von Bram Stoker)
Nun, so leid es uns tut – man kann es nicht wirklich. Jürgen E. Franke sagte einmal in einem Interview, dessen Quelle sich irgendwo in unserem nicht gerade kleinen Archiv verbirgt, er kenne, “zwei bis drei Leute in Deutschland”, die vom Rollenspiel leben könnten; er selbst gehörte nicht dazu. Wir auch nicht.
Verfolgen wir das gegebene Beispiel doch etwas weiter. Rollenspielautoren werden – zumindest von den Kleinverlagen, bei DSA mag das anders aussehen – prozentual nach dem Verkaufspreis der von ihnen geschriebenen Produkte entlohnt. Wir als relativ großzügiger (und verwaltungsunwilliger) Verlag zahlen 5% vom Bruttoverkaufspreis (BVK); andere Verlage zahlen 5% vom Nettoverkaufspreis (NVK). Der Unterschied besteht darin, dass der BVK der Preis ist, für den der Kunde das Produkt im Laden ersteht; der NVK ist die Summe, die tatsächlich beim Verlag eingeht. Beim Direktvertrieb entspricht der BVK dem NVK (wobei man ggf. das Porto abziehen muss, wenn das – wie bei uns – im BVK enthalten ist). Geht das Produkt in den Zwischenhandel, werden natürlich Rabatte fällig, da auch der Zwischenhändler leben und Angestellte bezahlen möchte. Geben wir ein Produkt mit, sagen wir, 30% Rabatt in den Buchhandel, ist der NVK der um 30% reduzierte BVK. Würden wir so rechnen, müssten wir pro Autor und Produkt neben dem BVK insgesamt fünf Rabattstaffeln berücksichtigen, woran wir so rein gar kein Interesse haben. Wie wir gleich sehen werden, reden wir ohnehin von letztlich vernachlässigbaren Summen – zumindest, was die bisherigen 1880-Produkte angeht.
Adel verpflichtet hat einen BVK von 36,95 Euro; 5% davon sind somit 1,8475 Euro. Diese werden, wie erwähnt, rechnerisch im Schlüssel 6:3:1 zwischen Nadine, Rainer und Christiane aufgeteilt. In anderen Worten: Nadine erhält pro verkaufem Band 1,1085 Euro, Christiane 0,18475 Euro, also nicht ganz 20 Cent (Rainer erhält gar nichts, da der Verlag auf seinen Namen angemeldet ist und er das volle unternehmerische Risiko trägt, weshalb er sich kein Autorenhonorar gegen Eigenquittung auszahlt, sondern seine Einnahmen einfach in den Gewinn einrechnet; das mag steuertechnisch wacklig klingen, aber da sich seit 2010 weder seine Steuerberaterin noch das Finanzamt beschwert haben, kann es nicht so schlimm sein).
Es gibt nun zwei Möglichkeiten, wie man die Autorenentgelte berechnen kann. Zum einen kann man Buch führen, wie oft das Produkt verkauft wird, das “Grundgehalt” mit dieser Zahl multiplizieren und dann (in der Regel jährlich) abrechnen. Oder man sagt den Autoren des Bandes eine Garantiezahlung zu, die sich auf der Grundlage von verkauften zwei Dritteln der Auflage berechnet; bei Adel verpflichtet wären das (bei einer Auflage von 600) immerhin 443,40 Euro für Nadine und doch noch 73,90 Euro für Christiane – oder ein Mehrfaches in Waren (die produzieren wir ja billiger, als wir sie verkaufen). Ersteres ist häufiger als letzteres, weil für den Verlag günstiger und den Autoren schneller – die zwei Drittel müssen ja erst eimal verkauft werden, bevor es Geld gibt. Wie es sich so ergab, entschied sich Nadine (ohne ernsthaftes Interesse am Geld) für die genaue Abrechnung, die allerdings durch den Wunsch nach weiteren Exemplaren, die über die zugesicherten Belegexemplare hinausgingen, entsprechend reduziert wurde; Christiane war mit einer Luxususgabe als einmaligem Entgelt zufrieden.
Rainer erinnert sich voller Freude daran, dass in Zeiten, an denen er wirklich aktiv für MIDGARD und PERRY RHODAN – Das Rollenspiel tätig war, am Ende des Jahres zwischen 300 und 400 Euro winkten – ein nettes Zubrot, aber nicht wirklich eine Grundlage für eine hauptberufliche Karriere als Rollenspielautor.
Bislang haben wir von einem eher umfangreichen Produkt geredet, das (zumindest überwiegend) eine einzige Person erstellt hat; nehmen wir ein “kleineres” Beispiel: Markus Kässbohrer verfasste einst ein Manuskript für MIDGARD namens “Ein Dromedar dreht durch” (es ist 2019 in seiner Originalform in Dausend Dode Drolle 31 erschienen). Wir fragten 2011 (die MIDGARD-Mühlen mahlen bekanntlich langsam) bei Markus an, ob wir den Text auf 1880 umarbeiten und in Sturm über Ägypten verwenden durften; wir durften. Sturm über Ägypten hat bei einem BVK von 19,95 Euro 194 Seiten, von denen “Ein Dromedar dreht durch” ganze zweieinhalb einnimmt (die Seiten 108 bis 110, obere Hälfte). Man könnte das jetzt ausrechnen (wir haben es ja auch getan) – aber letztlich hat Rainer Markus auf einem MIDGARD-Con ein Bier ausgegeben, und damit war dessen Autorenentgelt mehr als nur entgolten.